DIE BURG

ERBAUUNG

Burg Talseite klein schmal

Die Gamburg vom gleichnamigen Dorf aus gesehen.

Die malerisch über der Tauber thro- nende Gamburg wurde Mitte des 12. Jahrhunderts als Grenzfestung des Mainzer Erzstifts zum Hochstift Würzburg erbaut und ist damit heute eine der ältesten Burgen im weiten Umkreis. Der Name „Gamburg” (= „Festung des Gaman”) erscheint erstmals zur Zeit des Würzbuger Bischofs Erlung (1105-1121) mit den aufstrebenden →Edelfreien von Gamburg, die sich nach einer Vorgängerbefestigung nannten, die ehemals wohl an der Stelle der heutigen Burg lag.

BERGFRIED

Bergfried aus der Mitte des 12. Jhs.

Bergfried aus der Mitte des 12. Jhs. Ehem. Hocheingang mit Kragstein. Noch bis Anfang des 19. Jhs. war der Turm mit Zinnen bekrönt.

Der älteste Teil der Gamburg ist der eventuell von einem Kirchenbaumeister in Kleinquadermauerung errichtete Bergfried. Er zeigt noch heute Reste des originalen Pietra-Rasa-Verputzes und trug bis Anfang des 19. Jahrhunderts noch Zinnen. Deutlich ist unter dem ehemaligen Hocheingang noch einer der Kragsteine zu sehen, auf denen ein hölzerner Vorbau ruhte, der außen über eine Holztreppe zu erreichen war. Der Bergfried hatte zeitweise eine ungewöhnliche Funktion als Wasserreservoir für den barocken Burgpark. Im Zweiten Weltkrieg wurde er bunkerartig mit Splitterschutzkonstruk- tionen ausgebaut und beherbergte eine Funkleitstelle, die Auslagerungen des Goethe Museums, des Historischen Museums und des Weltkulturen Museums aus Frankfurt sowie Akten über die als „Rote Kapelle“ bekannten Widerstands- gruppen. Mit dem Nahen der amerikanischen Front sollte der Turm mitsamt diesen Akten von der SS gesprengt werden, was nur auf Drängen des damaligen gräflichen Försters, Franz Hartig sen., unterlassen wurde. Stattdessen wurden die Akten herausgeschafft und am Hohlweg sowie im Burghof verbrannt.

SAALBAU & MALEREIEN

Im Jahre 1157 erhielt der Edelfreie Beringer von Gamburg als Mainzer Stadtherr des Ortes Gamburg die heutige Burg vom Mainzer Erzbischof mit allen Rechten zu Lehen. Als Gegenleistung hatte das Erzstift von ihm bereits den nahegelegenen Weiler „Brunnenbach“ mit allem, was dazugehörte, erhalten, welcher dann den Zisterziensern zur Gründung des Klosters Bronnbach übergeben worden war. Die Belehnung wurde auch dadurch veranlasst, dass der Erzbischof das Gefolge Beringers für den Feldzug Kaiser Friedrich Barbarossas gegen Mailand benötigte. Erst nach der Belehnung überließ Beringer dem Kloster zusammen mit seinen mutmaßlichen Schwägern Billung von Lindenfels und Sigebodo von Zimmern außerdem noch die zu seinem Allodialbesitz gehörende Burg Brunnebach mit zugehörigen Ländereien.

Burg Gamburg

Ausschnitt der „Barbarossa-Fresken“ (Rekonstruktion des oberen Bildstreifens der Nordwand). Die Szenen des Kreuzzugs Kaiser Friedrich Barbarossas im Saalbau der Gamburg gelten als die ältesten weltlichen Wandmalereien nördlich der Alpen und die einzig erhaltene Original-Ausmalung eines „Rittersaales“ überhaupt.

In den 1180er Jahren ließ sein Sohn Beringer der Jüngere auf der Gamburg einen hochrepäsentativen, reinen Saalbau mit drei Saalgeschossen errichten, wie er im deutschen Hochmittelalter sonst fast nur in Kaiserpfalzen oder den Burgen großer Landesherren zu finden war und der sich in vielerlei Hinsicht bewusst an diesen orientierte (hier sind vor allem Verbindungen zu den Staufern und Ludowingern auffällig).

Sein in Europa kulturhistorisch einzigartiger Hauptsaal (der „Rittersaal“ oder „Palas-Saal“) trägt die sog. „Barbarossa-Fresken“, die ältesten weltlichen Wandmalereien nördlich der Alpen (um 1200). Sie wurden →1986 von Hans-Georg v. Mallinckrodt jun. entdeckt und gelten außerdem als einzig erhaltene Original-Ausmalung eines solchen Saales überhaupt. Die bis zu fast vier Meter hohen Malereibefunde zeigen auf drei Wänden Szenen des Kreuzzugs Friedrich Barbarossas (1189/90), u.a. wohl den Einzug des Kaisers und seines Heeres in das byzantinische Adrianopel, die Überfahrt über den Hellespont, die Schlacht von Philadelphia, einen Reiterzug mit Wagen (Empfang/Hochzeit beim König von Ungarn?) sowie weitere Kampfszenen. Dabei ist auch ein frühes Bildnis des Stauferkaisers sowie die erste Abbildung eines mittelalterlichen Rosspanzers zu sehen.

Baumeisteratlant über der mittleren Doppelsäule der Hofarkade

Baumeisteratlant über der mittleren Doppelsäule der Hofarkade

Deutsch-lateinische Inschriften, eine der ältesten Inschriften deutscher Sprache, benennen den Würzburger Bischof und ehemals kaiserlichen Kanzler Gottfried von Spitzenberg,  einen der Hauptprotagonisten und Chronisten dieses Kreuzzugs. Beringer der Jüngere, der in der zeitgenössischen Ansbert-Chronik als einer der bedeutenderen edelfreien Kreuzzugs- teilnehmer erwähnt wird, hatte sich dem Würzburger Bischof wohl angeschlossen und löste damit in Mainz berechtigte Befürchtungen aus, er wolle das Lehen dem Erzstift entfremden. Die Malereien stellen also eine Erlebniserzählung dar, die Teil der damaligen Memorial- und Hofkultur tauberfränkischer Kreuzritterfamilien war, zu der einerseits auch die Stiftung der oktogonen Achatiuskapelle in Grünsfeldhausen durch die Edelfreien von Zimmern und andererseits die Dichtung eines Teils des Parzival-Epos durch Wolfram von Eschenbach im Auftrag des Grafen von Wertheim gezählt werden darf.

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Die Nordarkade des außergewöhnlich repräsentativen Saalbaus weist →Parallelen zu den beiden Doppelarkaden des Kapitelsaals im Kloster Bronnbach auf, wurde aber deutlich aufwändigerer ausgeführt.

Der Meister der „Barbarossa-Fresken“ der Gamburg kam wohl aus dem Rhein-Maas-Gebiet oder wurde dort ausgebildet, einem der damals bedeutendsten Kunstzentren in Europa mit teilweise byzantinischen Einflüssen. Die Malereien der Gamburg beeindrucken vor allem durch ihre innovative Raum- darstellung, insbesondere in der Ausführung der Städte.

In den Stadtmauern wiederholen sich zudem in einmaliger Weise Ornamentmotive, die auch auf die romanischen Doppelarkaden des Saals aufgemalt wurden und diesen somit als Gesamtkunstwerk wirken ließen. Die zusammen mit den Malereien entdeckten Befunde der ungewöhnlich weiten und prächtigen Doppelarkaden schließen direkt an die Malereien an. Sie weisen die Darstellung eines frühen Baumeisteratlanten sowie äußerst seltene Kapitellformen einer Knotensäule und rankenschlingender „Grüner Löwen“ auf. Der Saal selbst verfügte ursprünglich sogar über eine Fußbodenheizung und wurde über eine Außentreppe mit einer sich über die gesamte Fassadenbreite erstreckenden Holzgalerie erschlossen, die zum breiten Saalportal führte. Seit 2001 ist die Gamburg als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ („Nationaldenkmal“) gelistet.

Südöstlich des Saalbaus schloss direkt ein romanisches Wohngebäude an, von dem heute nur noch ein kleiner Mauervorsprung im Burghof zu sehen ist. Hier befindet sich nun der Kapellenturm aus dem 15./16. Jahrhundert, mit einem kleinen 1692 geweihten Oratorium im Saalgeschoss, dessen Fenster Szenen der Vita der Hl. Elisabeth von Thüringen zeigen. Alle übrigen Gebäude, die sich ehemals auf der heutigen Fläche des Cafés auf der Burgterrasse befanden, wurden Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen.

Weitere Lektüre zum Saalbau der Gamburg und seinen romanischen Wandmalereien finden Sie im entsprechenden Fachaufsatz der Publikation der internationalen Tagung „Repräsentation und Erinnerung“, die 2014  u.a. auf der Gamburg stattfand. 

AUSBAU IM SPÄTMITTELALTER & RETTUNG DURCH GÖTZ VON BERLICHINGEN

Doppelturm-Toranlage aus dem 15. Jh.

Doppelturm-Toranlage von 1423/24

Im Gegensatz zu vielen anderen Burgen wurde die Gamburg zwar einige Male umgebaut, doch wurde sie nie zerstört und wird seit ihrer Erbauung bewohnt.

Direkt nach dem Aussterben der Edelfreien von Gamburg 1219 brachte der Mainzer Erzbischof die Burg wieder unter seine Kontrolle und ließ sie von nun an von mehreren Burgmannen verwalten, meistens um die 12 Personen. So wurde die Burg zum kurmainzischen Verwaltungsmittelpunkt für die Region. Im Zuge dessen wurde ihr Saalbau im 13. Jahrhundert in deutlich vereinfachten Formen im Stil der Gotik umgebaut und die Malereien überputzt. Das bisher vor allem für Rechtshandlungen, Feste und Repräsentationszwecke genutzte Gebäude wurde jetzt zu einem auch bewohnbaren Palas.

Burg Burgpark Gamburg

Blick in den Burghof

Seit der Verpfändung der Gamburg durch den Erzbischof an Heinrich von Salza im Jahre 1345 wurde die Burg oder Teile davon immer wieder an verschiedene Familien weiterverpfändet. Von diesen einstigen Pfandnehmern kristallisierten sich →die Herren von Stettenberg als wichtigste Burgmannenfamilie auf der Gamburg heraus. Mit den Stettenbergern begann ab 1359 eine direkte Erblinie von Pfandnehmern, Lehensträgern und späteren Eigentümern der Gamburg, welche über verschiedene Familien bis 1936 bestehen sollte.

Türmle

Das „Türmle“ am Hohlweg ist ein typischer Wartturm, der einst zum sog. „Krappentor“ (=Rabentor) gehörte, das die Verbindung des mit Schanzgräben und Hagzäunen befestigten Dorfes zur gemauerten Burggefestigung herstellte. Am Fuß ein Epitaph der Anna v. Ehrenberg (+1422), Gemahlin von Peter d. Ä. v. Stettenberg (+1428), dessen prächtiges Ritterepitaph sich wiederum in der Bronnbacher Klosterkirche befindet.

In den 1420er Jahren wurden vom Mainzer Erzbischof einige wichtige Baumaßnahmen auf der Gamburg getätigt. So wurde die Burg mit einer bastionsbewehrten Zwingeranlage mit massivem Rundturm sowie einem frühen Doppelturm-Burgtor mit Halsgraben ausgerüstet. Außerdem entstand auf einem Küchenbau des 13. Jahrhunderts der heutige „Bischofsbau“ („Mittlerer Bau“). Etwa zu dieser Zeit wurde wohl auch die Vorburg (aus)gebaut und der Turm des Krappentores (das „Türmle“) am Hohlweg errichtet.

1504/05 kam es zu weiteren erzbischöflichen Baumaßnahmen, nämlich der Errichtung eines zweiten Küchenbaus, dem „Försterhaus“ am Bergfried. Außerdem wurde ein im 13. Jahrhundert erbauter Turm zum heutigen „Turmhaus“ („Hinterer Bau“) erweitert und mit einem Treppenturm versehen.

Im Bauernkrieg blieb sie dank des persönlichen Einschreitens →Götz von Berlichingens als eine der wenigen Burgen erhalten. Im Zusammenhang mit seiner Entführung des Mainzer Gesandten Dr. Johann Küchenmeister von Gamburg 1515 fiel auch das berühmte „Götz-Zitat“.

ENDE DER KURMAINZISCHEN ZEIT & „REICHSHERRSCHAFT GAMBURG“

1546 erwarb Eberhard Rüdt von Collenberg die Gamburg und die dazugehörige Herrschaft in einem Tauschgeschäft mit dem Mainzer Erzbischof. Seitdem befindet sich die Burg in adeligem Privatbesitz. Später war die sogenannte „Reichsherrschaft Gamburg“ bis 1806 de facto sogar reichsunmittelbar, gehörte aber auch keinem Ritterkanton an.

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Den Rittersaal ziert heute ein Wandteppich mit Diana und Pan von Boudewijn van Beveren aus der Mitte des 17. Jhs., der dort bereits den Nymphenbrunnen des →barocken Burgparks ankündigt.

Unter Eberhard Rüdt von Collenberg begann die umfassende Umgestaltung des Palas, u.a. mit dem Anbau eines Treppenturms und der Neugestaltung des Erdgeschosses mit Renaissancefenstern. Dieser Umbau wurde dann vor allem Ende des 16. Jahrhunderts unter Hartmut dem Älteren (XIV.) von Kronberg, u. a. mit dem Einziehen des heutigen ersten Geschosses im Palas und dem Einsetzen der übrigen Renaissancefenster, auch im Bischofsbau, vorangetrieben und zu Ende geführt. So erhielt der nun als „Schloss“ bezeichnete Teil der Burg grundsätzlich sein heutiges Aussehen. Ähnliche neue Schmuckformen wie nun am Palas finden sich auch an der etwa gleichzeitig von seinem gleichnamigen Vetter zum Renaissanceschlösschen umgebauten →Eulschirbenmühle an der Tauber, mit der die Sage von der →schönen Melusine verbunden ist.

BURGKAPELLE

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Einweihung des Kaiserdenkmals durch Wilhelm II. im Jahre 1896. (Bild: Institut für Stadtgeschichte Frankfurt)

In den 1910er und 20er Jahren wurden durch Reichsgraf Rudolf von Ingelheim genannt Echter von Mespelbrunn umfangreiche Restaurierungsmaßnahmen in der seit dem 19. Jahrhundert zunehmend verfallenden Burg und dem Burgpark veranlasst. Im Turmhaus ließ er außerdem in Erfüllung eines Kriegsgelübdes die heutige Burgkapelle einrichten und 1922 weihen. Hier befindet sich, gegenüber dem barocken Altar, ein großes Gipsrelief des Gamburger Bildhauers Clemens Buscher aus dem Jahre 1895. Es handelt sich dabei um eine identische Version eines der beiden Bronzereliefs am Postament von Buschers Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. vor dem Opernplatz in Frankfurt am Main, welches im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurde. Bis dahin war auch im Frankfurter Exemplar die Gamburg in der rechten Arkade des Reliefs zu sehen.

Sankt Martin im rechten Nordfenster der Burgkapelle

St. Martin im rechten Nordfenster der Kapelle

So haben im Laufe der Jahrhunderte viele Familien und Persönlichkeiten die Gamburg geprägt. Allein im Burghof finden sich Wappen von insgesamt 12 verschiedenen Adelsfamilien.

Vom Mittelalter — bis heute!